Sandra G.

Doppeltes
Glück

Patientengeschichten

Reproduktionsmediziner ermöglichen Kinder nach Krebs

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Durch eine Chemotherapie wird die an Brustkrebs erkrankte Sandra G. unfruchtbar. Der Kinderwunsch der jungen Frau erfüllt sich trotzdem – weil ihr vor der Krebsbehandlung entnommenes Eierstockgewebe nach Abschluss der Therapie  wieder eingepflanzt wurde.

Im Juli 2008 ertastet Sandra G. einen Knoten in ihrer Brust. Wenige Tage später erhält sie die Diagnose: Krebs. "Ich war völlig fassungslos. Dass ich Brustkrebs hatte, war für mich bis dahin ausgeschlossen. Ich gehörte zu keiner Risikogruppe", sagt die heute 36JährigeAm Universitätsklinikum Erlangen empfahlen ihr die Ärzte acht Chemotherapie- und 28 Bestrahlungseinheiten – eine Behandlung, nach der die junge Frau wahrscheinlich keine Kinder mehr bekommen würde. Mit der Entnahme von Eierstockgewebe, das kryokonserviert, also tiefgefroren und nach der Krebstherapie wieder transplantiert wird, bestand die Möglichkeit, die Fruchtbarkeit zu erhalten. Sandra G. entschied sich für den Eingriff, ohne dass es eine Garantie für den Erfolg gab. "Vor der ersten Chemotherapie erklärte mir mein Arzt, dass es ein experimentelles Verfahren gebe, durch das ich mir die Chance auf eigene Kinder erhalten könne", sagt Sandra G. "Diese Option war für mich in dieser schweren Zeit ein Strohhalm, an dem ich mich mit Blick auf die Zukunft festhalten konnte."

Per Bauchspiegelung entnahmen die Spezialisten der Frauenklinik des Uni-Klinikums Erlangen um Direktor Prof. Dr. Matthias W. Beckmann der Patientin Eierstockgewebe. Anschließend wurde es schonend eingefroren und in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celsius konserviert. Das Eierstockgewebe befindet sich bei so niedrigen Temperaturen in einer Ruhephase, ohne zu altern. Tatsächlich wurde Sandra G. durch die dann folgende Chemotherapie unfruchtbar. Rund drei Jahre nach Abschluss der Therapie tauten die Reproduktionsmediziner das Gewebe langsam auf, um es anschließend per Bauchspiegelung in die Beckenwand von Sandra G. zu retransplantieren. "Das Gewebe wurde wieder hormonell aktiv, und es konnte ein regelrechtes Follikelwachstum mittels Ultraschall festgestellt werden", erklärt Biologe Prof. Dr. Ralf Dittrich aus dem Fortpflanzungszentrum des Uni-Klinikums Erlangen. "Die Chancen unserer Patientinnen nach einer erfolgreichen Retransplantation von Eierstockgewebe schwanger zu werden, stehen genauso gut oder schlecht wie bei jeder gesunden Frau", so Prof. Dr. Matthias W. Beckmann, Direktor der Frauenklinik des Uni-Klinikums Erlangen. "Unsere Forschungserfolge zeigen klar, dass es möglich ist, die Eierstockfunktion von Krebspatientinnen wiederherzustellen. Das ist ein Hoffnungszeichen für zahlreiche Frauen. Ihnen kann die Möglichkeit der Hormonproduktion und des Kinderkriegens zurückgegeben werden." Prof. Beckmann fordert: "Krebskranke Frauen im gebärfähigen Alter müssen vor Therapiebeginn auf die neue Möglichkeit, ihre Fruchtbarkeit zu erhalten, hingewiesen werden."

Sandra G. war froh, dass sie nach der Krebstherapie langsam wieder in ihr normales Leben zurückkehren konnte. "Als mein behandelnder Arzt dann zu mir sagte, ich solle das nächste Wochenende für mich nutzen, waren mein Mann und ich uns schnell einig", erinnert sich Sandra G. Wenige Wochen später stellte der Arzt ihre Schwangerschaft fest. Die darauffolgenden neun Monate verliefen ohne Komplikationen. Am 26. August 2012 brachte Sandra G. ihre Tochter Isabel im Perinatalzentrum des Uni-Klinikums Erlangen zur Welt. Knapp zwei Jahre später beginnt die zweite Schwangerschaft. Am Muttertag, dem 10. Mai 2015, erblickt um 8.47 Uhr Isabels Bruder Matías das Licht der Welt. Eine echte Sensation, denn weltweit ist nur ein weiterer Fall einer Frau bekannt, die durch eine Krebstherapie unfruchtbar wurde und nach der Retransplantation von kryokonserviertem Eierstockgewebe mehr als einmal schwanger wurde. "Wir sind überglücklich und der Kleine hat uns mit seinen 50 cm und 3.600 g verzaubert", so Sandra G. und ihr Ehemann heute.

In Deutschland wurde bislang achtmal - davon siebenmal im Universitätsklinikum Erlangen - kryokonserviertes Eierstockgewebe nach Krebstherapien so transplantiert, dass die Frauen schwanger werden und Kinder gebären konnten.