Interdisziplinäre Zentren

Universitäre Zentren sind Orte komplexer Medizin

Interdisziplinäre Zentren an Universitätsklinika haben einen anderen Fokus als Einrichtungen, die darauf spezialisiert sind, weitgehend standardisierte medizinische Interventionen – etwa Prostataresektion, Hüft- oder Knie-TEP – in möglichst großer Fallzahl zu erbringen.

Die traditionelle fächerbezogene Abteilungsstruktur in Krankenhäusern ist immer weniger in der Lage, angemessene Antworten auf immer komplexere medizinische Herausforderungen zu geben. Insbesondere die Unikliniken reagieren auf diese Entwicklung mit einer Versorgung in spezialisierten Zentren, die sich durch fachabteilungsübergreifende, interdisziplinäre Lösungen auszeichnen. Zudem bieten universitäre Zentren häufig einen umfassenden Koordinierungs- und Beratungsservice für weitere Krankenhäuser und Arztpraxen. Mit diesem sog. „Outreach“ leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Versorgung auch über die Mauern des Uniklinikums hinaus.

Bessere Finanzierung der Zentren

Der Gesetzgeber wollte mit seiner Änderung durch das KHSG eine Grundlage schaffen, dass die besonderen Vorhaltungen und Aufgaben der medizinischen Zentren durch einen Zuschlag zur DRG-Fallpauschale besser finanziert werden. GKV-Spitzenverband und DKG fanden jedoch keine Einigung, die anschließende Festsetzung durch die Schiedsstelle wurde kassenseitig gekündigt. Deutlich wurde, dass die gesetzliche Grundlage nicht für eine gezielte Förderung von Zentren geeignet war. Daher hat der Gesetzgeber mit dem Anfang 2019 in Kraft getretenen PpSG dem G-BA die Zuständigkeit übertragen, die besonderen Aufgaben von Zentren und Schwerpunkten sowie Qualitätsanforderungen zu konkretisieren.

Der G-BA hat durch einen Beschluss im Dezember 2019 die Qualitätsanforderungen für ausgewählte Zentrentypen festgelegt und die zugehörigen besonderen Aufgaben konkretisiert. Dabei gibt es Übergangsregelungen für bisher durch die Landesbehörde ausgewiesene Zentren und Öffnungsklauseln für weitere Zentrentypen, über die im G-BA künftig zu beraten ist. Die besonderen Aufgaben können nur Aufgaben sein, die nicht bereits durch Entgelte nach dem KHEntgG, dem KHG oder dem SGB V vergütet werden. Sie können Leistungen umfassen, die nicht zur unmittelbaren stationären Patientenversorgung gehören. Keine besondere Aufgabe liegt bei ambulanter Leistungserbringung vor. Die besonderen Aufgaben sind für die verschiedenen Zentrumstypen weitgehend identisch.

Förderung und Finanzierung der Zentren sektorenübergreifend gestalten

Es muss sich nun zeigen, inwiefern diese Regelungen vor Ort in den Verhandlungen tatsächlich zu substantiellen Zuschlägen für die Zentren führen werden und damit eine gezielte Förderung erreicht werden wird. In der Vergangenheit liefen diese Verhandlungen sehr stockend. Die im KHSG in Aussicht gestellten Zusatzmittel von jährlich 180 Mio. Euro für Zentren sind daher bis heute nicht geflossen. Teilweise kam es sogar zur Absenkung bereits vorhandener Zentrenzuschläge. Die Nachweispflichten für die Krankenhäuser zum zusätzlichen Finanzierungsbedarf für diese besonderen Aufgaben bleiben unverändert hoch und sind in der Praxis oftmals kaum erfüllbar. Das Krankenhaus wird weiterhin nachweisen müssen, welche Kosten der besonderen Aufgaben nicht bereits in den DRG enthalten sind. Dabei ist meist völlig unklar, welche Leistungen und Vorhaltungen dort berücksichtigt sind. Dazu kommt, dass weiterhin nur Leistungen für stationäre Patienten anderer Leistungserbringer zuschlagsfähig sind, nicht für Patienten der eigenen Einrichtung. Das ist sachlich nicht nachvollziehbar. Zudem wirken Zentren auch in die ambulante und stationäre Flächenversorgung. Die Finanzierung macht allerdings an den Sektorengrenzen halt. Die Förderung und Finanzierung dieser Zentren muss vom Gesetzgeber entsprechend sektorenübergreifend gestaltet werden.

Finanzierungsregeln bremsen interdisziplinäre Zentren an Universitätsklinika

Die etablierten Vergütungssysteme bilden die interdisziplinäre Leistungs- und Entscheidungsorganisation der universitären Zentren nicht ab. Vergütungsrelevant sind in aller Regel die Diagnose und/oder die einzelne medizinische Intervention. Betreibt ein Universitätsklinikum dagegen einen überdurchschnittlichen Aufwand, um Diagnostik und Behandlungsplanung für seine Patienten zu optimieren, ist das in aller Regel mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden.

So wird der momentan an vielen Universitätsklinika laufende Umstrukturierungsprozess hin zu mehr interdisziplinären Zentren durch das Vergütungssystem nicht unterstützt, sondern im Gegenteil eher gehemmt. Hier liegt eine Ursache für die aktuellen wirtschaftlichen Probleme vieler Universitätsklinika.

 

Zentren-Typen in den Krankenhausplänen der Länder