Fast 20 Millionen Behandlungen werden jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern durchgeführt. Behandlungsfehler passieren dabei extrem selten, die Zahl liegt im Promillebereich. Um diesen Anteil weiter zu reduzieren und die Patientensicherheit zu erhöhen, entwickeln insbesondere Uniklinika hierfür neue Konzepte. Drei Beispiele zeigen, wie Uniklinika das Thema angehen.
Medizinische Hochschule Hannover: Thema personell verankern
Jedes Krankenhaus verfügt über ein anonymes Fehlermeldesystem, das sogenannte Critical Incident Reporting System (CIRS). Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) hat dabei ein besonders innovatives Fehlermanagement entwickelt, das „3Be-System®“ (Berichten, Bearbeiten, Beheben von Fehlern, Risiken und Beinahe-Zwischenfällen). Verdachtsfälle können über ein webbasiertes Formular gemeldet werden. Ein zentrales Team anonymisiert und sortiert täglich die Meldungen und führt eine erste Analyse durch. Diese wird dann – inklusive Ideen und Vorschlägen zur Behebung – an das zuständige dezentrale Patientensicherheitsteam weitergeleitet, wo über das weitere Vorgehen entschieden wird. Die Teams sind stets interdisziplinär und hierarchieübergreifend zusammengesetzt. 200 Mitarbeiter der MHH haben bereits eine Schulung im Risiko-, Prozess- und Qualitätsmanagement erhalten. Die Botschaft: Fehler sollen nicht verschwiegen, sondern benannt, analysiert und abgestellt werden.
Universitätsklinikum Frankfurt: Wissen weitergeben
Mitarbeitende von Uniklinika verfügen über umfangreiche Erfahrungen zur Patientensicherheit und begleiten das Thema auch wissenschaftlich. Das Universitätsklinikum Frankfurt hat Vorschläge gemacht, um ein Patientensicherheitskonzept für die rund 130 hessischen Krankenhäuser zu initiieren. Dies mündete in die bundesweit erste Patientensicherheitsverordnung eines Landes. In dessen Rahmen wurde das Universitätsklinikum damit beauftragt, Patientensicherheitsbeauftragte für alle hessischen Krankenhäuser zu qualifizieren. Seit Ende 2019 wurden bereits 71 Beauftragte in insgesamt fünf dreitägigen Trainings geschult. Die Ergebnisse hinsichlich Wissensvermittlung und den sich daraus ergebenen Maßnahmen sowie deren Umsetzung werden in einer begleitenden Studie evaluiert. Die Konzepterstellung, Schulungen sowie die begleitende Studie werden vom Land finanziell gefördert.
Klinikum der LMU München: Unterstützung für die Palliativmedizin
Bei der Versorgung von Palliativpatienten spielt die medikamentöse Therapie belastender Symptome, wie etwa starke Schmerzen, eine wichtige Rolle. Viele Erkenntnisse beruhen jedoch auf Erfahrungen an wenigen Patienten. Zudem sind zugelassene Arzneimittel oftmals nicht verfügbar. Dennoch müssen Patienten versorgt werden. Um die Patientensicherheit zu erhöhen und Fehlmedikation zu vermeiden, unterstützt das Kompetenzzentrum am Klinikum der LMU München bei der Auswahl, Dosierung und Anwendung von Arzneimitteln für Palliativpatienten. Das Besondere: Dieses Angebot steht allen Ärzten, Pflegenden und Apothekern aus dem gesamten deutschsprachigen Raum zur Verfügung. Mehr als 1.000 Anfragen wurden bereits beantwortet.
„Jeder Behandlungsfehler ist einer zu viel. Die Universitätsklinika sind die innovativsten Krankenhäuser, die wir in Deutschland haben. Das gilt auch für das Thema Patientensicherheit. Ich freue mich, dass die Hochschulmedizin hier eine Vorreiterrolle einnimmt und ihr Wissen auch anderen Kliniken zu Gute kommt, damit Behandlungsfehler vermieden werden können.“
Prof. Dr. Claudia Schmidtke
MdB, Patientenbeauftragte der Bundesregierung
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) entwickelt seit 2005 Strategien, um Fehler bei Behandlungen von Patienten weiter zu reduzieren. Vertreter aller Gesundheitsberufe und -institutionen sowie von Patientenorganisationen haben sich in dem Netzwerk zusammengeschlossen. APS-Vorsitzende ist Dr. Ruth Hecker von der Universitätsmedizin Essen, wo sie als „Chief Patient Safety Officer“ fungiert. www.aps-ev.de