Deutsche Hochschulmedizin diskutiert über die Zukunft der Gesundheitsversorgung: Krankenhausreform, Künstliche Intelligenz und Interprofessionalität

Zum vierten Mal veranstaltete die Deutsche Hochschulmedizin (DHM) den „Tag der Hochschulmedizin“ mit Gästen aus Gesundheitswesen, Wissenschaft und Politik. Diskutiert wurde die Krankenhausreform und ihre Auswirkungen, Künstliche Intelligenz in der Medizin und die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen in der Gesundheitsversorgung. Zudem wurde der Preis der Deutschen Hochschulmedizin 2024 verliehen.

Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach ordnete zu Beginn der Veranstaltung die kürzlich erfolgreich beschlossene Krankenhausreform ein. Die Lebenserwartung in Deutschland liege unter dem Durchschnitt anderer EU-Staaten, deshalb müsse die Qualität der Versorgung verbessert werden. Er dankte der gesamten Universitätsmedizin für die stetige konstruktive Unterstützung bei den drei großen Projekten: der Krankenhausreform, der Nutzbarmachung von Gesundheitsdaten für Versorgung und Forschung sowie der Stärkung des Studienstandorts Deutschland durch das Medizinforschungsgesetz. Diese drei ineinandergreifenden großen Reformblöcke werden das Gesundheitssystem nachhaltig verbessern. Die Universitätsklinika hätten die Reformprozesse mit Weitblick und Expertise unterstützt.

Prof. Lars Peter Feld, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Leiter des dort ansässigen Walter Eucken Instituts, sprach einleitend zum Thema „Gesundheitssystem 2040 – Was können wir (uns) noch leisten?“. Er lobte die Krankenhausreform als wichtigen Schritt in die richtige Richtung und thematisierte die gesellschaftlichen Herausforderungen angesichts des demografischen Wandels. Die Demografie habe zwei wesentliche Effekte: Die Sozialsysteme gerieten unter steigenden Druck, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gingen. Gleichzeitig werde das Wirtschaftswachstum gebremst, was zu geringeren Einnahmen für die öffentlichen Finanzen führe. Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, seien weitere Korrekturen erforderlich. 

Der „Strukturwandel im Krankenhaussektor“ und dessen Bedeutung für die Universitätsmedizin waren anschließend Themen der Diskussionsrunde von Vertreterinnen und Vertretern von Krankenkassen, Krankenhäusern und Politik. Die Diskussion machte deutlich, dass die beschlossene Krankenhausreform große Herausforderungen mit sich bringt. Aufgrund der finanziellen Situation müsse die Reform jetzt dringend umgesetzt werden. Prof. Jens Scholz, 1. Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD), appellierte an die Entscheidungsträger, gemeinsam nach den besten Lösungen für Patientinnen und Patienten zu suchen. „Mit der Entscheidung für die Krankenhausreform ist ein sehr guter Anfang gemacht, der jetzt konstruktiv fortgesetzt werden muss. Die Chance liegt darin, mit der Zuweisung der Leistungsgruppen jetzt vernünftig zu transformieren und wirklich Strukturen weiterzuentwickeln.“ 

Auf das Thema Künstliche Intelligenz (KI) als Schlüsseltechnologie, die das Gesundheitswesen nachhaltig transformieren wird, ging Prof. Dr. Aldo Faisal, Professor für Digital Health mit Schwerpunkt Data Science in den Lebenswissenschaften, Universität Bayreuth, Imperial College London, ein. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von präziseren Diagnosen und individuellen Therapieansätzen bis hin zu effizienteren Abläufen in Krankenhäusern. Doch um diese Potenziale voll auszuschöpfen, müssen technologische Innovationen mit den Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten und medizinischen Fachkräften in Einklang gebracht werden. Die Diskutanten des zweiten Podiums beleuchteten die technologischen, regulatorischen und ethischen Rahmenbedingungen, die für einen erfolgreichen Einsatz von KI notwendig sind. Sie diskutieren unter anderem, welche Schritte notwendig sind, um Akzeptanz bei allen Beteiligten zu schaffen und gleichzeitig den hohen Anforderungen an Datenschutz und Patientensicherheit gerecht zu werden. Dabei spielen auch Perspektiven der Technologieentwickler als auch die Erfahrungen aus der Praxis eine große Rolle.

Im letzten Themenblock der Veranstaltung ging es um die Bedeutung einer reibungslosen und effizienten Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen im Gesundheitswesen. Die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion mit dem Titel „Reformbedarf – Wie gelingt die Zusammenarbeit der Professionen?“ diskutierten über notwendige Veränderungen und zukunftsweisende Lösungsansätze. Eröffnet wurde das Thema von Helmut Schiffer, Pflegedirektor und Mitglied des Klinikumsvorstands des Universitätsklinikums Freiburg. In seinem Vortrag beleuchtet Schiffer die aktuellen Herausforderungen der interprofessionellen Zusammenarbeit und skizziert Ansätze, die den Arbeitsalltag von Pflegekräften, Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren Berufsgruppen im Gesundheitswesen verbessern können. Dabei stehen Themen wie gegenseitiges Verständnis, abgestimmte Arbeitsabläufe und die gemeinsame Verantwortung für die Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt. Anschließend diskutieren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Gesundheitsverbänden darüber, welche strukturellen Veränderungen notwendig sind, um die Kooperation zwischen den Professionen nachhaltig zu stärken. Themenfelder wie die Ausbildung und Akademisierung zukünftiger Fachkräfte und die Rolle von Leitungsfunktionen bei der Gestaltung einer kooperativen Arbeitskultur wurden dabei hervorgehoben. 

Der Preis der Deutschen Hochschulmedizin 2024 für herausragende Teamleistungen in der universitätsmedizinischen Forschung wurde verliehen an ein herausragendes Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für einen weltweit einmaligen Ansatz: Das „Herzpflaster“ bringt Stammzellen zur Reparatur des Herzmuskels zur Anwendung und soll das Herz dauerhaft stärken. Die Studie ist ein Musterbeispiel für translationale Forschung, vom Labor bis in die klinische Anwendung und greift einen völlig neuen Ansatz in der Therapie einer der häufigsten Herzerkrankungen auf: Patientinnen und Patienten mit Herzschwäche wurden im Rahmen einer Studie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) im Labor gezüchtetes Herzgewebe implantiert. 

„Überzeugt hat die Jury der Deutschen Hochschulmedizin die besondere Teamleistung der Universitätsmedizin und die Innovationskraft. Exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben standortübergreifend sowie interdisziplinär über einen langen Zeitraum zusammengearbeitet und einen weltweit einzigartigen Ansatz gefunden. Das Forschungsprojekt wäre zudem ohne tierexperimentelle Forschung unter Berücksichtigung des 3R-Prinzips nicht möglich gewesen. Das ist ein Beispiel für den Erfolg universitätsmedizinischer Innovation, Kommunikation und Koordination“, so Prof. Matthias Frosch, Präsident des Medizinischen Fakultätentags. 

Der mit 25.000 Euro dotierte Preis dient der Stärkung der Forschung in der Universitätsmedizin am Wissenschaftsstandort Deutschland. Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury aus Vertreterinnen und Vertretern der Universitätsmedizin, der Patienteninteressen, der Industrie sowie von Institutionen aus dem universitären Forschungsumfeld. Weitere Informationen zum Preis sind hier zu finden.

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